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Selbstanzeige

Geht es um Steuerhinterziehung, wird fast immer zur Selbstanzeige geraten. Es hat sich so der Eindruck verfestigt, die Selbstanzeige würde den Steuerpflichtigen, der Steuern hinterzogen hat, von allen Unbilligkeiten befreien. Dies kann sich aber als pure Illusion herausstellen. Den wenigsten Betroffenen ist klar, welche Voraussetzungen für eine wirksame Selbstanzeige notwendig sind, welche Folgen hieraus resultieren und welche Risiken eine unwirksame Selbstanzeige beinhaltet.

Selbstanzeige – Allheilmittel oder nur (Trost-)Pflaster für Steuersünder?

Von den Wirkungen und Nebenwirkungen eines oft empfohlenen Mittels bei Steuerhinterziehung

Diagnose

Geht es um Steuerhinterziehung, wird fast immer zur Selbstanzeige geraten. Es hat sich so der Eindruck verfestigt, die Selbstanzeige würde den Steuerpflichtigen, der Steuern hinterzogen hat, von allen Unbilligkeiten befreien.

Dies kann sich aber als pure Illusion herausstellen. Den wenigsten Betroffenen ist klar, welche Voraussetzungen für eine wirksame Selbstanzeige notwendig sind, welche Folgen hieraus resultieren und welche Risiken eine unwirksame Selbstanzeige beinhaltet.

Therapie

Die Selbstanzeige hat nur einen einzigen Zweck: sie bewahrt den Steuerhinterzieher vor Strafe. Die dazugehörige Regelung in § 371 Abs. 1 AO (Abgabenordnung) lautet:

„Wer in den Fällen des § 370 AO unrichtige oder unvollständige Angaben bei der Finanzbehörde berichtigt oder ergänzt oder unterlassene Angaben nachholt, wird insoweit straffrei".

Vor der Frage „Selbstanzeige oder nicht?" ist demnach zunächst einmal zu prüfen, ob es sich überhaupt um einen Fall des hier genannten § 370 AO handelt. Diese Bestimmung sieht Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vor, wenn gegenüber den Finanzbehörden unrichtige oder unvollständige Angaben über „steuerlich erhebliche Tatsachen" gemacht oder unterlassen werden (§ 370 Abs. 1 AO).

Sind die falschen oder unterbliebenen Angaben also nicht „steuerlich erheblich", so entfällt auch die Grundlage für eine strafbare Steuerhinterziehung und damit die Notwendigkeit einer Selbstanzeige.

Ist davon auszugehen, dass eine Steuerhinterziehung vorliegt, so sind vor Erstattung einer Selbstanzeige weitere Aspekte zu prüfen.

Die im Rahmen einer Selbstanzeige gemachten Angaben müssen vollständig, wahr und umfassend sein. Die Finanzbehörde muss aufgrund der nachgeholten Angaben des Steuerpflichtigen ohne weiteren Aufwand die tatsächliche Situation erkennen und einen entsprechenden Steuerbescheid erstellen können.

In diesem Zusammenhang spricht man von der Pflicht des Steuerpflichtigen zur „Materiallieferung".

Hieran kann die Wirksamkeit einer Selbstanzeige scheitern! Ist der Steuerpflichtige nicht in der Lage, die entsprechenden Unterlagen bzw. Zahlen zu liefern, weil er z. B. keine ordnungsgemäße Buchführung hat oder schlicht „vergessen" hatte, Rechnungen zu schreiben etc., so würde er nach seiner erfolgten Selbstanzeige zwar steuerlich und steuerstrafrechtlich verfolgt werden – die eigentlich gewünschte Befreiungswirkung der Selbstanzeige entfiele jedoch.

Weiterhin ist darauf zu achten, dass die Straffreiheit nur in Hinblick auf die im Rahmen der Selbstanzeige offenbarten Steuersünden gilt. Sollten die Finanzbehörden andere Steuerhinterziehungen entdecken, so würden diese strafrechtlich verfolgt werden können. Hieraus folgt, dass die Selbstanzeige alle Angaben, die zur Entdeckung von Steuerhinterziehungen führen können, beinhalten sollte, um eine umfassende Straffreiheit zu erlangen.

Außerdem ist zu prüfen, ob die Selbstanzeige noch rechtzeitig erstattet werden kann.

Gemäß § 371 Abs. 2 AO tritt die Straffreiheit nicht ein, wenn die Steuerhinterziehung bereits entdeckt oder ein Amtsträger zur steuerlichen Prüfung beim Steuerpflichtigen erschienen ist. Dies ist z. B. der Fall, wenn der Betriebsprüfer das Unternehmen oder die Wohnung des Selbständigen zum Zwecke der Betriebsprüfung betritt.

Zu diesem Zeitpunkt tritt die oben beschriebene Sperrwirkung ein, so dass die Selbstanzeige keine strafbefreiende Wirkung mehr hat.

Allerdings greift diese Sperrwirkung nur für die in der Prüfungsanordnung genannten Steuerarten und Zeiträume.

Schließlich muss die sich durch die Selbstanzeige ergebende Steuernachzahlung geleistet werden. Nach § 371 Abs. 3 AO ist Voraussetzung der Strafbefreiung, dass die hinterzogene Steuer in angemessener Frist bezahlt wird.

Die Frist wird von der Finanzbehörde festgesetzt; sie soll regelmäßig nicht mehr als sechs Monate betragen. Bei erkennbar ernsthafter Absicht, die hinterzogene Steuer zu zahlen, wird sich die Finanzbehörde im Einzelfall aber auch auf längere Fristen einlassen.

Gegenanzeige

Durch den Mitte 2002 in das Gesetz aufgenommenen § 370 a AO wurde hinsichtlich der Möglichkeit zur Selbstanzeige erhebliche Unsicherheit verursacht. Nach dieser Bestimmung wird derjenige, der „gewerbsmäßig" oder „bandenmäßig" Steuerhinterziehung „in großem Ausmaß" begeht, mit Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bestraft.

Diese Regelung ist zwar seit ihrer Schaffung stark umstritten und soll nunmehr auch wieder gestrichen werden. Noch aber existiert die Regelung.

Nach § 371 Abs. 1 AO ist die Selbstanzeige nur in den Fällen des § 370 AO zulässig. Dies bedeutet, dass bei Vorliegen einer Steuerhinterziehung nach § 370 a AO eine Selbstanzeige keine strafbefreiende Wirkung hat!

Hieraus resultiert das Problem, nunmehr im Einzelfall stets prüfen zu müssen, ob eine „normale" Steuerhinterziehung nach § 370 AO oder eine „gewerbsmäßige" Steuerhinterziehung nach § 370 a AO vorliegt, was aufgrund der vollkommen missglückten Regelung ausgesprochen schwierig ist.

Zusammenfassung

Die Selbstanzeige empfiehlt sich nur bei eindeutig vorliegender Steuerhinterziehung und rechtzeitiger Anwendung. Die Wirkung der Selbstanzeige ist die Straffreiheit hinsichtlich der eingeräumten Steuerhinterziehung sowie die Zahlungsverpflichtung der hinterzogenen Steuern. Die Nebenwirkung einer fehlerhaften Selbstanzeige ist der Verlust der Strafbefreiung. Mögliche Gegenanzeige ist der Umstand, dass jedem Steuerpflichtigen, der den Finanzbehörden Steuerhinterziehung offenbart, behördlicherseits zukünftig in steuerlicher Hinsicht besondere Aufmerksamkeit zuteilwerden wird. Außerdem ist zurzeit noch die gesetzliche Regelung zur „gewerbsmäßigen" Steuerhinterziehung zu beachten.

Checkliste „Selbstanzeige"

  • Handelt es sich bei den unrichtigen oder unvollständigen Angaben um „steuerlich erhebliche Tatsachen" gemäß § 370 AO?
  • Sind die Angaben der Selbstanzeige wahr?
  • Sind die Angaben der Selbstanzeige vollständig?
  • Ist die notwendige „Materiallieferung" möglich?
  • Ist die Selbstanzeige (noch) rechtzeitig möglich?
  • Kann die hinterzogene Steuer bezahlt werden?
  • Handelt es sich um „gewerbsmäßige" Steuerhinterziehung im Sinne des § 370 a AO?

Von der BP zur Steuerfahndung

Früher oder später wird jeder Selbständige das Erlebnis einer Betriebsprüfung haben. Dies ist in der Regel schon von daher nachteilig, da im Ergebnis meist eine Steuernachzahlung herauskommt. Richtig unangenehm wird es aber, wenn aus der Betriebsprüfung ein steuerstrafrechtliches Verfahren wird. Und auch wenn sich die meisten Selbstständigen in diesem Zusammenhang keiner Schuld bewusst sind – und daher auch überhaupt nicht damit rechnen – ist dieser Schritt oftmals kleiner als angenommen. Wo typische Fallstricke liegen, macht der folgende Beitrag deutlich.

Von der Betriebsprüfung zur Steuerfahndung – oft nur ein kleiner Schritt!

Früher oder später wird jeder Selbständige das Erlebnis einer Betriebsprüfung haben. Dies ist in der Regel schon von daher nachteilig, da im Ergebnis meist eine Steuernachzahlung herauskommt. Richtig unangenehm wird es aber, wenn aus der Betriebsprüfung ein steuerstrafrechtliches Verfahren wird. Und auch wenn sich die meisten Selbstständigen in diesem Zusammenhang keiner Schuld bewusst sind – und daher auch überhaupt nicht damit rechnen – ist dieser Schritt oftmals kleiner als angenommen.

Wo typische Fallstricke liegen, macht der folgende Beitrag deutlich.

Bereich Umsatzsteuer

Grundsätzlich gibt es fast immer Probleme mit der Umsatzsteuer, wenn der Auftraggeber des Selbständigen seinen Sitz im Ausland hat und daher keine Umsatzsteuer berechnet haben möchte, der Endkunde seinen Sitz aber im Inland hat. Die Frage, ob eine Leistung umsatzsteuerpflichtig ist, lässt sich häufig nicht einfach beantworten. Nach §§ 3a und 3 b UStG (Umsatzsteuergesetz) wird eine Leistung an dem Ort ausgeführt, von dem der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Ist der Empfänger ein Unternehmer, so wird die Leistung dort ausgeführt, wo der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Dies bedeutet, dass es darauf ankommt, für wen der Freiberufler seine Leistung erbringt: für seinen ausländischen Vertragspartner (dann umsatzsteuerfrei) oder für den inländischen Endkunden (dann umsatzsteuerpflichtig).

Vor diesem Hintergrund kommt es nicht selten vor, dass der Betriebsprüfer in diesem Zusammenhang von einer Steuerhinterziehung ausgeht.

Steuerhinterziehung (§ 370 AO [Abgabenordnung]) setzt in diesem Zusammenhang voraus, dass die Leistung umsatzsteuerpflichtig ist und der Selbständige vorsätzlich gehandelt hat. Vorsatz bedeutet „Wissen und Wollen". Der Selbständige muss demnach eine täuschende Handlung vorgenommen oder eine pflichtgemäße Erklärung unterlassen und dadurch einen Steueranspruch beeinträchtigt oder einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil erlangt haben.

Natürlich stellt dies im Rahmen der Betriebsprüfung zunächst lediglich einen Verdacht dar – dennoch kann allein die Mitteilung des Prüfers, er habe seine Erkenntnisse an die Steuerfahndung weitergeleitet, für den Selbständigen schockartige Auswirkungen haben.

Darüber hinaus gerät der Selbständige dadurch in eine rechtliche Zwickmühle: Im Rahmen eines Steuerstrafverfahrens ist der Selbständige zu keinerlei Zusammenarbeit mit den Behörden verpflichtet, da hier ein Aussageverweigerungsrecht besteht. Auch liegt die Beweislast zu 100 % bei der Steuerfahndung.

Auf der anderen Seite ist der Selbständige als Steuerpflichtiger im Rahmen der steuerlichen Regelungen zur Mitwirkung verpflichtet (§ 90 AO). Hieraus resultiert eine in der Praxis oftmals schwierig zu handhabende Situation, die auf jeden Fall eine rechtliche Beratung des Selbständigen bedarf.

Ein Fall-Beispiel zur Umsatzsteuer

Der Selbständige hatte ca. zwei Jahre über eine Schweizer Unternehmensberatung bei zwei verschiedenen Endkunden in Deutschland gearbeitet und dabei in seinen Rechnungen keine Umsatzsteuer ausgewiesen. Im Rahmen der Betriebsprüfung wurde dies als Steuerhinterziehung bewertet. Da das Finanzamt sich der Meinung des Betriebsprüfers anschloss, musste der Selbständige vor dem Finanzgericht gegen die geänderten Umsatzsteuerbescheide klagen. Parallel dazu lief nun ein Strafverfahren vor dem Amtsgericht wegen Steuerhinterziehung mit Grundlage des gleichen Sachverhalts. Im Strafverfahren muss der Selbständige lediglich Angaben zu seiner Person machen, sonst nichts. Im finanzgerichtlichen Verfahren muss der Selbständige zumindest insofern mitwirken, als dass er ja die angegriffenen Umsatzsteuerbescheide aufgehoben haben möchte und dazu seinen Teil beitragen will. Dies kann ihm aber unter Umständen im Strafverfahren vorgehalten werden.

Bereich Einkommensteuer

Im Rahmen der Einkommensteuer lauern wohl die meisten Fälle latenter Steuerhinterziehungen. Besonders „beliebt" sind dabei nicht anerkannte betriebliche Aufwendungen und die Aberkennung der Inanspruchnahme steuerlicher Vorteile wie beispielsweise der Ansparabschreibungen.

In der Regel führen diese Korrekturen „nur" zu Steuernachforderungen. Der Betriebsprüfer hat allerdings manchmal eine sehr eigene Sicht der Dinge und stuft bestimmte Sachverhalte als Steuerhinterziehung ein.

Ein Fall-Beispiel zur Einkommensteuer

Der Selbständige hatte eine Betriebsprüfung für die Jahre 2003 bis 2005. Der Betriebsprüfer reklamierte unter anderem verschiedene vom Steuerpflichtigen als betrieblich bedingt angeschaffte Bücher zum Thema „Englisch lernen", weiter erkannte er bestimmte Aufwendungen für eine vom Selbständigen wegen eines Projekteinsatzes vorübergehend gemieteten Wohnung nicht an. So war der Betriebsprüfer beispielsweise der Auffassung, dass für ein Appartement von ca. 15 m² drei Leuchten zu viel seien. Auch würden die vom Selbständigen als Betriebsausgabe gelten gemachten Möbelstücke (ein Sessel und ein Schreibtischstuhl) nicht in das Appartement passen.

Aufgrund dieser und einiger weiterer Kleinigkeiten nahm der Betriebsprüfer Steuerhinterziehung an. Er leitete seine Informationen an die Steuerfahndung weiter, die ein entsprechendes Verfahren eröffnete und weitete den Zeitraum der Betriebsprüfung aus, die maximal möglichen 10 Jahre aus, wobei er anfangs sogar die vom Selbständigen, der sich als Freiberufler betrachtete, bislang nicht gezahlte Gewerbesteuer als hinterzogen ansah.

Fazit

Die einer Betriebsprüfung innewohnenden Gefahren sind nicht zu unterschätzen. Zwar führt nicht jede Prüfung zu einem Steuerstrafverfahren – dennoch gibt es fast immer einzelnen Aspekte, die sich entsprechend bewerten lassen können. Daher sollte sich jeder Selbständige, dem eine Betriebsprüfung angekündigt wird, rechtzeitig vor dem Beginn der Prüfung rechtlich beraten lassen. Dies gibt zum einen mehr Sicherheit im Umgang mit dem Prüfer und wird andererseits die „Schwachstellen" aufdecken und mögliche Gegenstrategien (z. B. Selbstanzeige) eröffnen.

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